Höchstwahrscheinlich meinte es
Günter Grass gut mit seinem Gedicht und wollte auf die drohende Gefahr aus den
gegenseitigen Drohgebärden zwischen Israel und Iran hinweisen und sie abwenden.
Wem aber nützt sein reichlich später Mutanfall voller Banalität des Guten und sein
vermeintlicher Tabubruch? Könnte die jetzige internationale Debatte um seine
jüngste peinliche Lyrik dem
Frieden dienen? Und könnte diese Diskussion Friedensinitiativen wie meinem Vorschlag
förderlich sein (s. weiter unten)?
Obwohl ich ein vehementer langjähriger Verfechter des Friedens in Nahost (inklusive zwischen Israel und Iran) und ebenso dezidierter Gegner des blasphemischen und wahllosen Fuchtelns mit der Antisemitismus-Keule bin, gefällt mir das neue Grass'sche Kunstwerk nicht. Und isoliert betrachtet ist es höchstwahrscheinlich leider erst noch kontraproduktiv. Zu viele antijüdische wie auch antiarabische und antimuslimische (!) Ressentiments, Unkenntnisse und deutsche gleichgeschaltete Feigheit bzw. Unehrlichkeit und Verklemmtheit schwingen in Grass' Gedicht mit, sodass sein Friedensappel zur Steilvorlage für Kriegsbefürworter und alle Broders dieser Welt verkommt (Broder tönt sogar in diesem Zusammenhang beinahe vernünftig).
Grass ist wahrlich kein Nahost-Experte und muss sich auch die Frage gefallen lassen, warum er so lange zu israelischen Kriegsverbrechen und militärischen Aggressionen schwieg und dies eigentlich auch jetzt tut. Noch 2006 hätte er sich gerne von einer israelischen Hochschule ehren lassen. Dazu kam es nur nicht, weil aufflog, dass er zu feige gewesen war, im privaten Vorgespräch gegenüber den Eherungs-Organisatoren seine Waffen-SS-Vergangenheit zu gestehen. Übrigens: Wenn diese SS-Episode eine harmlose Jugendsünde gewesen sein soll, warum verschwieg sie der vermeintliche Moralapostel Grass so lange? Hat er noch mehr zu verbergen? Hat er vielleicht weiteres zu beichten?
Mit seinem jetzigen vermeintlichen Mutausbruch rennt der Opportunist Grass offene Türen ein. Denn es gibt ja bereits einen breiten internationalen Konsens gegen einen israelischen Angriff auf den Iran. Der Widerstand gegen die eigentlich nicht-existierende militärische Option ist in Israel selber ebenfalls stark. Und die Lieferung eines neuen deutschen U-Boots an Israel sollte die kampflustige Regierung des Landes beschwichtigen und als Kompensation für den nicht-Angriff dienen.
Grass
ist nicht die erste und bestimmt auch nicht kompetenteste Person, die darauf
hinweist, dass eine israelische Attacke unverantwortlich sei und den ganzen Nahen
Osten sowie die Welt massiv gefährden könnte. Nur darf der iranische Beitrag zu
dieser Situation nicht verniedlicht und verharmlost werden, wie dies Grass tut.
Es ist eine Beleidung, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad lediglich als
Maulhelden zu bezeichnen (in einem Tagesthemen-Interview
erweiterte Grass diesen verächtlichen Vorwurf verallgemeinernd auch auf alle
arabischen Führer).
Dass Israel keinem Land der Erde mit Vernichtung drohe, wie der israelische Historiker Tom Segev dies scheinheilig behauptet, stimmt nicht. Davon können ja viele Palästinenser zahlreiche Trauerlieder singen. Auch wenn der sogenannte israelische Präventivschlag den Iran nicht vernichten würde, ist damit zu rechnen, dass eine iranische Vergeltung mehrere Hunderttausend Israeli töten könnte (s. z.B. die Folgen eines "konventionellen" Raketentreffers auf den riesigen Ammoniakbehälter in der dicht besiedelten Haifa-Bucht). Gemäss diesem sehr realistischen Horrorszenario ist eine israelische nukleare Reaktion absolut vorstellbar.
Dass Israel keinem Land der Erde mit Vernichtung drohe, wie der israelische Historiker Tom Segev dies scheinheilig behauptet, stimmt nicht. Davon können ja viele Palästinenser zahlreiche Trauerlieder singen. Auch wenn der sogenannte israelische Präventivschlag den Iran nicht vernichten würde, ist damit zu rechnen, dass eine iranische Vergeltung mehrere Hunderttausend Israeli töten könnte (s. z.B. die Folgen eines "konventionellen" Raketentreffers auf den riesigen Ammoniakbehälter in der dicht besiedelten Haifa-Bucht). Gemäss diesem sehr realistischen Horrorszenario ist eine israelische nukleare Reaktion absolut vorstellbar.
Die iranische Führung trägt bestimmt ihre Mitverantwortung für die Zuspitzung der Lage, und ein Friedensapostel sollte kein Atomprojekt, auch nicht für sogenannte friedliche Zwecke, befürworten. Es ist auf der anderen Seite kein Tabubruch, darauf hinzuweisen, dass es verlogen ist, dem Iran zu verbieten, was Israel erlaubt ist, nämlich die Atombombe zu besitzen ("Quod licet Iovi, non licet bovi"). Es braucht auch keine Extraportion Mut, eine nuklearfreie Zone in Nahost zu fordern, was Grass ja vergisst zu verlangen.
Hingegen braucht es viel Furchtlosigkeit, die Tatsache öffentlich zu thematisieren, dass die BRD das israelische Atomprojekt massgebend finanzierte und mit Knowhow und Physikern aus der NS-Zeit unterstützte. Zudem leistete die BRD tatkräftig allen israelischen militärischen Aggressionen seit den 50-er Jahren Beihilfe. Als Gegenleistung waren die jeweiligen israelischen Regierungen u.a. bereit, die vielen NS-Verbrecher in Führungspositionen in der BRD zu dulden bzw. sie reinzuwaschen.
Frieden und Entspannung ist möglich
Eine Entschärfung der explosiven Lage ist nicht nur dringend nötig, sondern auch möglich. Dabei meine ich nicht lediglich die Realisierung, dass eine eventuelle iranische Atombombe, auch wenn sie nicht zu begrüssen ist, keine wesentliche Änderung der jetzigen Gesamtsituation darstellt. Denn schon heute existiert zwischen Iran und Israel ein Gleichgewicht des Schreckens (in Englisch treffend MAD genannt), und die iranische Führung agiert diesbezüglich vernünftiger, als es ihre Rhetorik vermuten lässt. Es gilt nicht nur, dieses Gleichgewicht zu stabilisieren und sogar auszubauen, sodass kein Verrückter auf die Idee kommt, den falschen Knopf zu drücken. (s.a. Better an Iranian A-Bomb in the Basement than missiles on the roofs of Tel Aviv).
Sondern darüber hinaus sollten Premier Benjamin Netanyahu sowie Präsident Mahmud Ahmadinedschad dazu aufgerufen werden, dem Muster des Israel-Besuchs des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat von 1977 zu folgen und sich in Teheran, Jerusalem oder wo auch immer zu treffen.
Dabei gäbe es einiges zu besprechen:
1) Eine Atomfreie-Zone in
Nahost
2) Die Institutionalisierung
des längst existierenden Handels zwischen beiden Ländern (Israel beispielsweise
importiert oder führte zumindest bis vor kurzem iranisches Erdöl ein und
exportiert nicht wenig Waren und Knowhow in den Iran).
3) Die Begleichung der alten
israelischen Schulden aus der Shah-Ära.
4) Die Aufhebung der
Sanktionen gegen den Iran sowie einen gemeinsamen Aufruf gegen die BDS-Kampagne
gegen Israel.
5) Israelische nennenswerte
Konzessionen gegenüber Palästinensern.
6) Die Einführung von Demokratisierungsprozessen
im Iran und in Israel (hier gegenüber Palästinensern).
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S.a: http://shraga-elam.blogspot.com/2012/04/iran-radio-kritischer-kommentar-zur.html
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S.a: http://shraga-elam.blogspot.com/2012/04/iran-radio-kritischer-kommentar-zur.html
Dear Shraga
ReplyDeleteI enjoyed immensly reading this excellent piece of writing.
Yours
Joel
Vielen Dank lieber Joel
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