Monday, March 19, 2012

Neue Presse-Ente zu Shoa-Geldern in der Schweiz


Die Affäre um die Shoa-Gelder in der Schweiz war seit ihrem Ausbruch 1995 durch zahlreiche Presse-Enten und falsche Berichte gekennzeichnet. Letzte Woche ging die neuste Runde los, und zwar, nachdem zwei Reuters-Reporter den Nationalrat-Entscheid über Fristen für nachrichtenlose Vermögen falsch verstanden hatten und ein israelischer Journalist dieser Fehlinterpretation noch eins drauf setzte.Am 14. März meldete Reuters mit viel internationaler Resonanz: "Lawmakers vote to relax Swiss secrecy for Holocaust funds" (Gesetzgeber stimmen der Lockerung von Schweizer Geheimhaltung für Holocaust-Vermögen zu)". Und am 16. März baute der Ha'aretz Deutschland-'Kenner' und ehemalige Nachrichtendienstler, Ofer Aderet, dieses urbane Märchen noch weiter aus. Er schrieb unter dem Titel 'Die Schweiz wird Bankkonten deblockieren, welche Juden während des  Zweiten Weltkriegs eröffneten:
«Ein [bahnbrechender] Entscheid, der diese Woche in der Schweiz ratifiziert wurde, könnte helfen, Gelder zu finden, die Juden während des Zweiten Weltkriegs bei Schweizer Banken deponiert hatten und die bislang blockiert waren.
(...)

Nach dem [Nationalrats-] Beschluss ... wird es möglich sein, nachrichtenlose Konten aufzulösen, die während mehreren Jahren bei den Banken gehalten wurden. In diesen Konten lagerten Gelder, die Juden während des Holocausts deponiert hatten. Deklariert eine Bank, dass es ihr nicht gelungen sei, die Kontoinhaber bzw. ihre Erben ausfindig zu machen, wäre es möglich, Gelder zu deblockieren, die zur Kompensation von Erben von Holocaust-Opfern dienen, die Konti in der Schweiz hielten, so der Entscheid.»

Es ist ganz offensichtlich, dass der israelische Journalist den NR-Beschluss gar nicht verstanden hatte und er eventuell sogar von einem 'Experten' mit dieser falschen Information gefüttert wurde.


Was aber passierte wirklich?

Wie andere Schweizer Medien berichtete auch die NZZ-Online am 14. März:
Schlussstrich unter nachrichtenlose Vermögen


«Das Kapitel soll endlich geschlossen werden: Der Nationalrat hat einer Änderung des Bankengesetzes zugestimmt, welche die Liquidation nachrichtenloser Vermögen erlaubt. Die Gelder fliessen dann an den Bund.»
Der Begriff "nachrichtenlose Vermögen" bezieht sich auf Konten, deren Besitzer aus irgendeinem Grund sich während einer Periode von mindestens zehn Jahren nicht mehr bei ihrem Finanzinstitut melden. Die Frage, was mit solchen Vermögenswerten geschehen soll, ist alt und betrifft nicht nur Gelder von verstorbenen Nazi-Opfern.
Die neue Gesetzesvorlage hat absolut nichts mit Shoa-Konten zu tun, denn aus Sicht der Schweizer Banken ist dieses Problem seit dem globalen Vergleich mit jüdischen Organisationen (1998) und dem Ende der Arbeit der Volcker-Kommission (1999) gelöst und erledigt.

Dies, obwohl sich die Volcker-Kommission mit wichtigen Problemen überhaupt nicht  beschäftigte. Einiges deutet darauf hin, dass ein grosser Teil von jüdischen Vermögen gar nicht direkt bei Schweizer Banken untern den Namen der Inhaber lag, sondern oft bei Treuhändern, die in vielen Fällen das Geld unterschlugen. Diese unehrlichen Treuhänder sind in der Regel schwer zu erfassen. Es gibt jedoch im Schweizerischen Bundesarchiv einige Hinweise auf solche kriminelle Vorgänge.  Auch das Archiv des jüdischen Hilfswerks 'American Jewish Joint Distribution Committee' (JDC), genannt 'Joint', beinhaltet Material, welches beweist, dass viel Geld bei dieser Organisation durch Juden in von den Nazis besetzten Europa deponiert  und dieses ihnen bzw. ihren Erben nicht zurückerstattet wurde.
Meine Recherche, welche in der Wirtschaftszeitung Cash 1997 veröffentlicht wurde, veranlasste Joint, eine Untersuchung zu lancieren. Deren Resultate, soweit aus  der spärlich zur Verfügung stehenden Information zu beurteilen ist, sind alles andere als befriedigend. Trotz dieses Missstands wurde die Sache nie weiter verfolgt...




 



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