Beispiele
aus eigener Erfahrung zeigen, dass der Ansatz der BND-Historiker-Kommission
beschränkt ist und wirklich heiklen Fragen jeweils aus dem Weg gegangen wird. Es
ist beschämend, dass verschiedene deutsche Politiker hinter diesem Feigenblatt Schadensbegrenzung
betreiben, anstatt für die konsequente Offenlegung und eine saubere
Vergangenheitsverarbeitung zu plädieren (s. Protokoll des
Bundestagssitzung vom 27.1.2012 ab S. 18721)
Ich wandte mich mit dem folgenden Anliegen an ein BND-Kommissionsmitglied, worauf ich rasch eine höfliche, aber sehr unbefriedigende Antwort erhielt.
Der Fall Kurt Becher
1962/63
machte der Schweizer Journalist Kurt Emmenegger eine umfangreiche Recherche
über den deutschen NS-Verbrecher Kurt Andreas Ernst Becher
für die damalige Schweizer Zeitschrift "Sie & Er". Daraus
entstand eine viel beachtete 18-teilige Serie. Anfang der 90er-Jahre erzählte
mir der inzwischen verstorbene Emmenegger, dass er seine aufwendigen und teuren
Untersuchungen unterbrechen musste, z.T. auch, weil seine Rechercheure
Morddrohungen vom BND erhielten. Emmenegger solle - so der BND gemäss dem
Journalisten - Herrn Becher, der damals als reicher Geschäftsmann in Bremen
lebte, in Ruhe lassen. Diese Information passte zu anderen Indizien.
Ich fragte besagten Professor, ob beim BND ein Becher-Dossier existiere. Anstatt mir Fragen zu Becher zu stellen, schickte er mir eine Antwort, aus der hervorgeht, dass diese Angelegenheit die Kommission nicht interessiere.
Ich fragte besagten Professor, ob beim BND ein Becher-Dossier existiere. Anstatt mir Fragen zu Becher zu stellen, schickte er mir eine Antwort, aus der hervorgeht, dass diese Angelegenheit die Kommission nicht interessiere.
Fritz
Bauer
Bei einer anderen
unbeantworteten Mail von mir an den BND ging es um die bis heute unaufgeklärten
Todesumstände des hessischen Staatsanwalts Fritz Bauer im Jahr 1968.
Bekannt wurde Bauer durch seinen unermüdlichen Kampf gegen Nazi-Verbrecher, vor
allem im System der jungen Bundesrepublik. Dafür bekam er ständig Morddrohungen
und machte sich bei verschiedenen Amtsstellen sehr unbeliebt. Es ist kein
Zufall, dass, als er 1957 Informationen über den Aufenthaltsort Adolf Eichmanns
erhielt, er sich an die israelische Vertretung in Deutschland, und nicht an die
deutschen Behörden wandte. Aber auch die israelischen Zuständigen waren nicht
darauf erpicht, den Nazi-Verbrecher aus Argentinien zu holen. Vieles spricht
dafür, dass erst Ende 1959 im Rahmen eines stillen Aufstands gegen den
damaligen Premier, David Ben-Gurion, der Geheimdienstchef Isser Harel beschloss,
Bauers Auskunft endlich zu verwenden und Eichmann zu entführen.
Ziel dieser in
den Medien völlig überbewerteten geheimdienstlichen Operation war
offensichtlich, die Annäherung zwischen Israel und der BRD zu sabotieren.
Tatsache ist, dass die Entführung eine Krise in den schwierigen Beziehungen
brachte und Kanzler Konrad Adenauer die Sistierung jeglicher Zahlungen an
Israel verordnete, darunter auch die schon versprochenen DM 500 Millionen für
das israelische Atomprojekt. Ben-Gurion ging, um Adenauer zu beruhigen, praktisch
in die Knie. Er mischte sich in den Eichmann-Prozess ein und schaute z.B. dazu,
dass der Name des Adenauer-Beraters, Hans Globke, unerwähnt bleibt. Das
juristische Verfahren gegen Eichmann wurde zu einem Schauprozess, und zwar, wie
dies israelische Quellen zeigen, gegen den Willen Ben-Gurions, der aber den
propagandistischen Zug weder im Gerichtssaal, noch in den Medien zu verhindern
vermochte. Ausserdem versprach der israelische Regierungschef, dass keine der
2,000 NS-Kriegsverbrechen, die im Ludwigsburger Archiv registriert waren, durch
Israel verfolgt werden.
Dass Bauer
mit einem so beschämenden Deal einverstanden gewesen wäre, ist völlig
ausgeschlossen, und es ist anzunehmen, dass er etwas dagegen unternahm. Es
mutet jedenfalls seltsam an, dass Israel nie von der BRD forderte, die
Todesumstände dieses wichtigen antifaschistischen Kämpfers endlich zu klären. Nun
ist es höchste Zeit, auch das Dossier Bauer beim BND, im Staatschutz, aber auch
in Israel offenzulegen!
Walter Rauff
Die Entdeckung
der BND-Historikerkommission, dass der schwere Nazi-Verbrecher Walter Rauff für den BND gearbeitet
habe, wurde mit grossem Medienecho begleitet. Im Rahmen der medialen
Begeisterung wurde jedoch vergessen, einige kritische Fragen zu stellen. Zum
Beispiel, warum ausgerechnet ein ehemaliger SS-Offizier eingesetzt wurde, um 1958
in Kuba für die BRD zu spionieren, wie die Kommission enthüllte. Oder, was für
eigenständige BND-Interessen es in Kuba gab.
Jeder Geschichtsstudent lernt in den ersten Semestern, dass ein Dokument in einen grösseren Zusammenhang eingebettet werden soll. Offensichtlich wurde diese Grundregel bei der obigen Enthüllung nicht berücksichtigt, dass Rauff bereits vorher für den israelischen Geheimdienst gearbeitet hatte und gemäss seinem Verbindungsmann, Shalhevet Freier, die Beziehungen nicht abrissen, nachdem Freier dem Nazi-Verbrecher nach Südamerika zu fliehen half. Einiges deutet darauf hin, dass der israelische und sicherlich der US Geheimdienst möglicherweise in diese Operation involviert waren.
Keine Person aus der BND-Historikerkommission nahm mit mir Kontakt auf, um herauszufinden, wie es mit meinen Dokumenten zu Rauff stehe, die ich für meine Publikation in der israelischen Zeitung Ha'aretz verwandte.
Die drei obigen Beispiele demonstrieren, warum es notwendig ist, dass Geheimdokumente offengelegt werden, was die Auswertung durch Experten nicht verhindert, sondern, ganz im Gegenteil, noch fördert! In nächster Zeit ist mit einem Aufruf aus Israel in diesem Sinne zu rechnen. Es besteht zu diesem Thema schon eine breite, von weit rechts bis ganz links reichende Koalition.
Jeder Geschichtsstudent lernt in den ersten Semestern, dass ein Dokument in einen grösseren Zusammenhang eingebettet werden soll. Offensichtlich wurde diese Grundregel bei der obigen Enthüllung nicht berücksichtigt, dass Rauff bereits vorher für den israelischen Geheimdienst gearbeitet hatte und gemäss seinem Verbindungsmann, Shalhevet Freier, die Beziehungen nicht abrissen, nachdem Freier dem Nazi-Verbrecher nach Südamerika zu fliehen half. Einiges deutet darauf hin, dass der israelische und sicherlich der US Geheimdienst möglicherweise in diese Operation involviert waren.
Keine Person aus der BND-Historikerkommission nahm mit mir Kontakt auf, um herauszufinden, wie es mit meinen Dokumenten zu Rauff stehe, die ich für meine Publikation in der israelischen Zeitung Ha'aretz verwandte.
Die drei obigen Beispiele demonstrieren, warum es notwendig ist, dass Geheimdokumente offengelegt werden, was die Auswertung durch Experten nicht verhindert, sondern, ganz im Gegenteil, noch fördert! In nächster Zeit ist mit einem Aufruf aus Israel in diesem Sinne zu rechnen. Es besteht zu diesem Thema schon eine breite, von weit rechts bis ganz links reichende Koalition.
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