Thursday, May 1, 2014

Der Handel zwischen Israel und dem Iran wurde bei Schawinski (SRF1) nur gestreift.



In Roger Schawinskis Sendung im Schweizer Fernsehen vom 28. April 2014 äusserte sich SVP-Nationalrat Luzi Stamm leider nicht klar über die verlogene Haltung Israels, welches einerseits zu scharfen Sanktionen gegen Iran aufruft und andererseits einen regen Handel mit diesem Land betreibt. Der TV-Moderator zeigte jedoch bedauerlicherweise, aber nicht überraschend, kein Interesse, diese brisante Information weiter zu erörtern.
Um was geht es?

Stamm sagte Folgendes:

Ich bin (in den Iran) gegangen, weil es hiess, z.B. Israel umgehe die Sanktionen so und so und so. Nicht nur ich sage dies. Und es gibt irgendeine israelische Zeitung, die sagt, dass 55 iranische Unternehmen hauptsächlich vom Kontakt zu Israel leben, weil sie exportieren. Dann finde ich all die Sachen, ich finde die Knesset-Diskussion vom 30. Mai [20]11, ich finde die aussenpolitische Kommission, wo im August – der Vierzehnte ist es, oder der 11.9.[20]11 – reden sie darüber, ob da iranisches Öl via Israel – dem so und so und so(vielten) – in den Westen geliefert wurde.“ (Aus dem Tages-Anzeiger mit gewissen Ergänzungen übernommen (Hier der Ausschnitt).

 


Was wollte der Nationalrat eigentlich sagen? Offensichtlich ging es ihm darum, zu belegen, dass sogar die israelische Regierung nicht viel von den Sanktionen hält, zu denen sie selber – auch über affiliierte Organisation und Personen – aufruft. Es ist auch nicht so sicher, wie sehr die beiden Länder tatsächlich verfeindet sind, und zwar jenseits der reziproken Drohgebärden und anderen verbalen Geplänkel. Angesichts der langjährigen umfangreichen wirtschaftlichen Geschäfte zwischen den zwei Staaten wäre es an der Zeit, mehr Ehrlichkeit zu schaffen und damit eine Entspannung der politischen Lage zu erreichen.

Konkret wies Stamm auf einen hebräischen Beitrag des israelischen Newsportals Walla vom 13. April 2014 hin. In diesem Artikel wurde über eine Studie eines iranischen Parlamentariers berichtet, in der behauptet wird, dass 55 private iranische Firmen vom Handel mit Israel leben. Auf Intervention des iranischen Geheimdienstes wurde die Veröffentlichung der Studie „verzögert.“ Bezeichnenderweise seien gemäss dem Parlamentarier die Kritikpunkte des Geheimdienstes der Grund und Bedeutung dieser kommerziellen Beziehungen.

Des Weiteren nahm Luzi Stamm Bezug auf
eine Sitzung der israelischen parlamentarischen Sicherheit und aussenpolitischen Kommission von Ende Mai 2011. An dieser Versammlung sollte der Handel mit Iran besprochen werden. Nach bloss 15 Minuten wurde sie allerdings durch die Intervention unbekannter Aussenstehender abgebrochen.

Hinzu kommt, dass zwei Sitzungsprotokolle dieser Kommission vom 18. August bzw. 11. September 2011 zum gleichen Thema bis heute geheim gehalten werden.

Das heisst, auch die israelische Regierung, und nicht nur die iranische Behörde, hat etwas zu verbergen. Z.B. geht es um den Import von Erdöl aus dem Iran. Das raffinierte Öl wird jedoch in Israel konsumiert und nicht weiter in den Westen verkauft, wie Stamm dies behauptet.

Der letzte Beweis für den Öl-Import datiert von 2010: Damals besuchten mehrere Tanker im Besitz einer israelischen Gesellschaft iranische Häfen, um dort – nota bene im Wissen der iranischen Behörden – Erdöl zu laden. Damit verschwanden die Schiffe danach irgendwo im östlichen Teil des Mittelmeers…

Es muss betont werden, dass seit der Machtergreifung der iranischen Mullahs im Jahr 1979 ununterbrochen ein umfangreicher Handel zwischen Israel und Iran existiert. Und dieser umfasst nicht nur harmlose Produkte wie Marmor oder Pistazien, sondern auch militärische Güter, die bis zum Know-How und Ausgangsstoffen zur Herstellung von chemischen Waffen reichen. Dabei werden vom israelischen Geheimdienst oft „Freelancer“ bzw. „Strohleute“ eingesetzt. Und wenn etwas schief läuft, werden diese im Regen stehen gelassen (s. Beispiel Nahum Manbar)…

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Anmerkung:
Seit 1997 verfolge ich sehr intensiv den Handel zwischen Israel und Iran und setze mich für einen friedlichen Ausweg aus der sehr gespannten Situation ein. Deshalb gebe ich nicht nur regelmässig Interviews im iranischen Radio (deutsches Programm), sondern lancierte u.a. auch die Initiative für eine „Charmeoffensive“ zwischen den beiden Staaten, die u.a. eine Einladung von einer Seite an die andere – nach Teheran bzw. Jerusalem – beinhaltet.
Die Idee auf meinem hebräischen Blog war eine Zeitlang auf der Homepage der bekannten Tageszeitung Ha’aretz zu lesen (hier eine englische Übersetzung).
Auf der Webseite des iranischen Radios in Deutsch wurde mein Plan ebenfalls veröffentlicht (s. unten).


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Frieden und Entspannung ist möglich


Eine Entschärfung der explosiven Lage ist nicht nur dringend nötig, sondern auch möglich. Dabei meine ich nicht lediglich die Realisierung, dass eine eventuelle iranische Atombombe, auch wenn diese nicht zu begrüssen ist, keine wesentliche Änderung der jetzigen Gesamtsituation darstellt. Denn schon heute existiert zwischen Iran und Israel ein Gleichgewicht des Schreckens (in Englisch treffend MAD genannt), und die iranische Führung agiert diesbezüglich vernünftiger, als es ihre Rhetorik vermuten lässt.
Es gilt nicht nur, dieses Gleichgewicht zu stabilisieren und sogar auszubauen, sodass kein Verrückter auf die Idee kommt, den falschen Knopf zu drücken, sondern darüber hinaus sollten Premier Benjamin Netanyahu sowie Präsident Mahmud Ahmadinedschad dazu aufgerufen werden, dem Muster des Israel-Besuchs des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat von 1978 zu folgen und sich in Teheran, Jerusalem oder wo auch immer zu treffen.

Dabei gäbe es einiges zu besprechen: 
  1. Eine atomfreie Zone in Nahost.
  2. Die Institutionalisierung des längst existierenden Handels zwischen beiden Ländern (Israel beispielsweise importiert oder führte zumindest bis vor kurzem iranisches Erdöl ein und exportiert nicht wenig Waren und Knowhow in den Iran).
  3. Die Begleichung der alten israelischen Schulden aus der Shah-Ära.
  4. Die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran sowie ein  gemeinsamer Aufruf gegen die BDS-Kampagne gegen Israel.
  5. Nennenswerte israelische Konzessionen gegenüber Palästinensern.
  6. Die Einführung von Demokratisierungsprozessen im Iran und in Israel (hier gegenüber Palästinensern).
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