Wednesday, April 9, 2014

Martin Cüppers Buch über den Nazi-Verbrecher Walther Rauff: Eine plumpe Geschichtsfälschung setzt sich fort.



In der Habilitationsschrift des deutschen Historikers Martin Cüppers finden sich einige grobe Schnitzer, ja sogar Geschichtsfälschungen. Gewisse davon dürften auch jenen auffallen, die nicht viel über den Nazi-Schwerverbrecher Walther Rauff wissen. Es ist jedoch erstaunlich, dass der Buchverfasser sich solch plumpe falsche Behauptungen erlauben kann, ohne dass das zuständige Gremium, das seine akademische Arbeit entgegennahm, dies merkte.

Ich bin Partei und will nicht verheimlichen, dass Cüppers mich in seinem Epilog auf peinliche Art angreift. Alleine folgender Satz auf Seite 394 macht durch seine Ignoranz stutzig:

Im Jahr 2007 ver­öffentlichte dann der sich selbst mit dem amüsanten Begriff eines „Recherchejournalis­ten" bezeichnende Shraga Elam mit einem Co-Autor in der israelischen Tageszeitung „Haaretz" einen Artikel, in dem Rauffs [Genitiv im Original – se] als Agent Israels präsentiert wurde.“

Ich weiss nicht, was lustig am Begriff „Recherchejournalis­t“ (auf Englisch „investigative journalist“) sein soll. Eine einfache Recherche im Internet informiert, dass es sich dabei um einen in Fachkreisen bekannten und seriösen Bereich im Journalismus handelt.

Wäre es doch nur bei dieser seltsamen Demonstration von Unwissen Herrn Cüppers geblieben! Aber seine unfundierte Häme ist symptomatisch: So wirft er der renommierten israelischen Zeitung  Ha’aretz und mir zudem dilettantische Arbeit bzw. Geschichtsfälschung vor. Cüppers schreibt:
Als Grund­lage der bemerkenswerten Interpretation des hundertausendfachen Judenmörders dien­ten zwei Vermerke des CIA [dass Rauff im Dienst Israels stand – se], die unschwer als pure Spekulation oder zumindest als höchst zweifelhafte Quellen auszumachen sind. Unter der Überschrift "Im Dienst des jüdischen Staates" machte Elam daraus eine mit Fehlern gespickte Story, die darzustellen versucht, der Deutsche habe um das Jahr 1949 für den israelischen Geheimdienst gearbeitet.“
Ausshnitt aus dem Dokument im  Bundesarchiv Berlin
Dt.Gen.b.HQu.It.Wehrm. an OKW/WFSt/Qu.I v. 14.9.1942, BAB, NS 19/3695

Glaubt der deutsche Historiker wirklich ernsthaft, Ha‘aretz und ihr weltbekannter damaliger Haushistoriker Tom Segev hätten meine Beweisführung nicht geprüft? Auch Segev erwähnt ja in seiner hebräischen Simon-Wiesenthal-Biografie meine Enthüllung über Rauffs Arbeit für einen israelischen Geheimdienst als Tatsache.

Und zählt Cüppers darauf, dass niemand dem von ihm in zwei Fussnoten aufgeführten Link zum Ha‘aretz-Artikel folgen und den vollständigen Beitrag lesen wird? http://www.haaretz.com/weekend/magazine/in-the-service-of-the-jewish-state-1.216923 Darin ist ja deutlich zu lesen, dass meine Quellen nicht lediglich „zwei Vermerke des CIA“ sind, wie Cüppers behauptet. Hauptquelle für diese Publikation war ein Interview mit dem israelischen Top-Agenten Schalhevet Freier, der zugab, dass er selber mit Nazi-Verbrecher Rauff zu tun gehabt, diesen angeheuert und ihm danach aus Italien nach Ecuador zu fliehen geholfen habe. In diesem Gespräch, welches 1993 in der israelischen Zeitung “Yedioth Achronoth“ veröffentlicht worden war, sagte Freier zudem, dass es auch noch später Kontakte mit Rauff in Südamerika gegeben habe. Freiers Aussagen wurden von seinem Geheimdienst-Vorgesetzten, dem späteren israelischen  Botschafter in Frankreich und Deutschland, Asher Ben-Nathan, bestätigt. Ben-Nathan schrieb darüber in seiner Biographie und bekräftigte diesen Sachverhalt erneut in einem von mir geführten Interview von 2007.
Schon 2006 fiel mir Cüppers auf, als er zusammen mit seinem Kollegen Prof.  
Klaus-Michael Mallmann veröffentlichte, sie hätten Beweise dafür gefunden, dass Rauff samt seinem SS-Einsatzkommando 1942 vorhatte, die Juden in Palästina zu vernichten, und nur die deutsche Niederlage bei der Schlacht von El-Alamein im Oktober 1942 dieses verbrecherische Vorhaben verhindert hätte.
Als zentraler Beleg wurde von Cüppers/Mallmann der Hinweis auf ein Dokument im Bundesarchiv Berlin präsentiert. In diesem vermeintlichen Beweisstück kommt das Wort Palästina bzw. Juden aber erstens gar nicht vor, und zweitens handelt es sich um ein Schreiben vom 14. September 1942 des Deutschen Generals in Hauptquartier der Italienischen Wehrmacht an das Oberkommando der Wehrmacht/den Wehrmachtführungsstab in Berlin, worin verlangt wurde, dass Rauff und seine Einheit von Athen zurück nach Deutschland geschickt werden solle, was beide Autoren in ihren Werken verschweigen.

Später, 2008, gab Cüppers in einem Interview mit Tom Segev zu, dass es sich bei diesem zentralen Dokument tatsächlich um die Bitte des Mittelmeer-Wehrmachtskommandos handle, Rauff und seine Einheit möge nach Deutschland zurückbeordert werden. Cüppers sieht darin jedoch eine Bestätigung für seine These, dass Rauff die Juden in Palästina ermorden wollte. – Warum dies nun eine Bestätigung sein soll, bleibt allerdings ein Rätsel.
Die beiden deutschen Historiker haben bislang einfach keine stichhaltigen Beweise erbracht für ihre Spekulation, dass Rauff die jüdische Gemeinde in Palästina vernichten wollte. Es mag sein, dass dies tatsächlich sein Ziel gewesen ist, dies aber nicht zwingend. Wenn denn die Wehrmacht Palästina überhaupt erobern wollte, was auch nicht sicher ist. Die Thesen, dass die Nazis auch die Juden in Palästina vernichten wollten, sind nicht neu, aber Cüppers und Mallmann versuchen den Eindruck zu erwecken, sie hätten Beweise für Rauffs mörderische Absichten und führen damit die Leserschaft in die Irre.
Für weitere Auseinandersetzungen mit den Spekulationen in Publikationen von Cüppers/Mallmann zu diesem Thema, das seinerzeit weltweit Aufmerksamkeit erregte, siehe meine Aufsätze:
Martin Cüppers: Walther Rauff - in deutschen Diensten. Vom Naziverbrecher zum BND-Spion. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 464 S.

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