Momentan profiliert sich der Ex-FIFA-Direktor und ehemalige Blick-Sportchef, Guido Tognoni, als grosser FIFA-Kritiker. Er deutet Schweinereien an, ist aber darauf bedacht, sie nicht ganz auszudeutschen und sich damit selber zu belasten, was man als "unmögliche Kunst, gegen den Wind zu urinieren, ohne selber nass zu werden" bezeichnen kann. Obwohl er derzeit von verschiedenen Medien richtiggehend umarmt wird, sollte er eher ermuntert
werden, nun eiligst als vollwertiger Whistleblower auf Tutti zu gehen und endlich reinen Tisch zu machen.
Es ist offensichtlich, dass Tognoni in einige krumme Sachen verwickelt war und über weitere Bescheid weiss. In einem Gespräch mit Roger Schawinski auf Radio 1 am 31.10.2010 erzählte der ehemalige FIFA-Topmanager, wie er 2001 von Blatter geholt wurde, um zu verhindern, dass die WM-Marketing- und TV-Rechte in die ISL/ISMM-Konkursmasse fliessen, wohin sie eigentlich auch zum grossen Teil gehörten.
Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Tognoni im Januar 2002 beim damaligen Chefredaktor der Wirtschaftszeitung Cash intervenierte, um meine kritische Serie zur FIFA, die genau diese Gelder und mehr thematisierte, abzuklemmen.
Bereits im ersten Teil der Cash-Serie vom 27.12.2001 wies ich auf die erwähnte Problematik hin. Meine Befunde negierte Blatter in einer Pressekonferenz in Cannes aber heftig. Der FIFA-Präsident drohte mir sogar mit einer Klage. Seine lächerliche Drohgebärde reichte jedoch aus, dass die anwesenden Vertreter der Sport-Weltpresse ihre Finger von diesem Finanzthema liessen, das sie ohnehin überforderte.
Im zensurierten zweiten Teil meiner Artikelserie bereitete den FIFA-Oberen u.a. bestimmt auch folgende Passage Bauchweh:
«Am 9. Januar 2002 verkündete Sepp Blatter an der Fussball-Expo in Cannes, dass er wieder als Fifa-Präsident zur Wahl stehe. In der Ausstellungshalle allerdings hiess es dann, dass seine Entthronung innerhalb des nächsten Monats geplant sei. Diese Information wurde am 16.1. von der französischen Nachrichtenagentur AFP verbreitet und löste nervöse Reaktionen aus.
Schon an der Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees (Exco) vom 18.12.2001 wurde es für Blatter heiss; 13 Mitglieder dieses 24-köpfigen Gremiums forderten schriftlich eine glaubwürdige Untersuchung der finanziellen Situation. Die Unterzeichneten sind angesichts der undurchsichtigen Geldverhältnisse besorgt, dass die Fifa vor dem Kollaps stehe und dass sie eventuell persönlich für das Fiasko haften müssen.
Infolge der CASH-Enthüllung vom 27.12.2001 wuchs das Misstrauen gegenüber Blatter noch zusätzlich. Es liegen CASH Beweise vor, dass Blatter der Exco ein seriöses Rechtsgutachten vorenthielt, welches eine massive Einnahmen-Reduktion impliziert.»
Der Konkurs der Marketingagentur ISL/ISMM erbrachten dem FIFA-Boss zwar wichtige finanzielle Vorteile, welche die Fussballweltorganisation wahrscheinlich vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrte. Gleichzeitig stellte der ISL-Bankrott für Blatter aber auch eine Gefahr dar. Um sie zu neutralisieren, musste u.a. ein wohlgesinnter Konkursverwalter her.
Bei der Gläubiger-Versammlung erteilte FIFA anderen Grossgläubigern, darunter auch UBS, eine schmerzhafte Lektion. Gemäss Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) hat jeder Gläubiger – unabhängig der Schuldengrösse – eine einzige Stimme an der Versammlung. So hatte jeder ehemalige ISL-Mitarbeiter, dem die Firma beispielsweise den letzten Lohn schuldete, an der Gläubigerversammlung die gleiche Position wie UBS mit ihrem Anspruch auf CHF 250 Mio. Stossend und bezeichnend für das schlaue Vorgehen der FIFA-Chefetage: Vor der Versammlung erhielten all jene ehemaligen ISL-Angestellten, die mittlerweile bei der FIFA arbeiteten, per Email die Order, ihre Stimme dem Rechtsanwalt Oliver Kronenberg zu geben.
An der Gläubigerversammlung sass ich gleich hinter Kronenberg und anderen FIFA-Vertretern. Dabei konnte ich weder übersehen noch überhören, wie sie ihre Stimmabgabe orchestrierten und über die Frustration und Überraschung ihrer grossen Kontrahenten wie kleine Buben jubelten. - Eine böse Lektion in SchKG-Auslegung, die die Gegenanwälte in ihren teuren Anzügen nicht einmal verstehen wollten. Ich versuchte danach vergeblich, mit dem verdutzten UBS-Vertreter zu sprechen. Dem armen Kerl wäre wahrscheinlich nichts anderes übrig geblieben, als seine unprofessionelle Vorbereitung einzugestehen. Dies konnte bzw. wollte er aber nicht, und es war nicht das erste Mal, dass die UBS von der FIFA über den Tisch gezogen wurde. Nachher wäre es für UBS und die anderen betrogenen Gläubiger durchaus möglich gewesen, auf dem Rechtsweg gegen diese Machenschaften vorzugehen.
Es ist insofern nicht erstaunlich, dass im Saal des Zuger Strafgerichts Jahre später ein Anwalt wörtlich zu Protokoll gab: «Ein Wunder, dass der Konkursverwalter nicht der Gehilfenschaft zu betrügerischem Konkurs angeklagt wird!» Der Jurist meinte damit den von FIFA gepushten Konkursverwalter Dr. Thomas Bauer von Ernst & Young.
Im Gerichtsaal war noch folgendes zu hören:
«Der eigentliche Betrüger ist der Konkursverwalter; er hat den Gläubigern mindestens 135.5 Millionen Franken gestohlen.»
Bei all diesen Manipulationen war auch Guido Tognoni dabei, oder zumindest hatte er Kenntnis davon. Und wäre er von der FIFA später nicht entlassen worden, so hätte er bis heute alles verschwiegen.
Also, Herr Tognoni: Wer A sagt, soll auch B sagen!
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S.a. http://shraga-elam.blogspot.com/2010/12/high-time-to-blow-whistle-on-fifa.html
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