Sonntag / Mittelland Zeitung; 30.03.2008; Seite 20
Ausland
Israel kauft Erdöl aus Iran
Trotz eigener Boykottaufrufe profitieren die Israeli vom schwarzen Gold des Erzfeindes – geliefert wird es aus Europa
Israel protestiert gegen den Erdgas-Deal zwischen Iran und der schweizerischen Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg. Doch Recherchen zeigen: Israel bezieht selbst Erdöl von seinem Widersacher.
Von Shraga Elam
Israel importiert via Europa im grösseren Stil iranisches Erdöl. Und das, obwohl die Kontakte mit Iran sowie der Kauf von dessen Produkten von Israel offiziell boykottiert werden. Dies berichtete der zuverlässige israelische Energie-Newsletter «Energia News» letzte Woche. Der Newsletter wird von erfahrenen Wirtschaftsjournalisten produziert, und in seinem Redaktionsrat sitzen renommierte Politiker und Wirtschaftsleute.
«Energia News» erhielt die Information über den Iran-Handel aus Kreisen um das Management der israelischen Raffineriegesellschaft Oil Refineries Ltd. Und diese weiss bestimmt, woher das schwarze Gold stammt – schliesslich verarbeitet sie es. Gemäss «Energia News» ist das iranische Erdöl in Israel beliebt, denn es sei qualitativ besser als andere Rohöle.
Der «Energia News»-Chefredaktor Moshe Shalev schreibt in seinem Bericht weiter, dass das iranische Öl verschiedene europäische Häfen erreiche. Hauptsächlich wird es aber nach Rotterdam verschifft, wo es von Israeli eingekauft und mit entsprechenden Reise- und Versicherungspapieren versehen wird. Danach wird es nach Haifa in Israel transportiert. Importeurin ist die Eilat-Ashkelon Pipeline Co. (EAPC), welche die Quelle ihres Öls jedoch verschweigt.
Die EAPC gehört eigentlich zur Hälfte dem Iran, denn sie wurde 1968 vom Schah zusammen mit Israel gegründet. Um Iran nicht in Verlegenheit zu bringen, wurde das Geschäft über eine gemeinsame Gesellschaft in Genf, die Trans Asiatic Oil, abgewickelt. Seit dem Schah-Sturz läuft in der Schweiz ein Verfahren gegen diese Firma. Grund: Israel weigert sich, die iranischen Ansprüche in Milliarden-Höhe anzuerkennen.
Nicht klar ist, ob die iranischen Exporteure über den Erdöl-Import von Israel informiert sind. Den israelischen Käufern und Regierungsstellen hingegen ist – in krasser Umgehung des Boykotts, welcher Israel öffentlich fordert – die Herkunft des kostbaren Rohstoffs absolut bewusst. Der Artikel schaffte es sogar durch die israelische Zensur, die zwar noch einige Änderungen durchsetzte. Das steigert die Glaubwürdigkeit der Information aber zusätzlich. In den Neunzigerjahren wurden solche Berichte noch verboten.
Auf Anfrage des «Sonntags» bestätigte der Energie-experte einer führenden israelischen Zeitung die Meldung: Israel importiere seit Jahren Erdöl aus Iran, wobei es sich um Käufe auf dem freien Markt und nicht direkt aus dem Land handle. Dass es um boykottierte Waren geht und Israel als treibende Kraft hinter dieser Ächtung Irans steht, reichte jedoch nicht für eine Behandlung des Themas in den israelischen Medien.
Der Sprecher der Oil Refineries Ltd., Moshe Debby, dementiert jedoch, dass seine Gesellschaft iranisches Öl importiere oder verarbeite. Seine Aussage steht aber im Widerspruch zu Artikeln vom Oktober 2006 in israelischen Zeitungen. Damals gab es eine Ausnahme in der Zensurpolitik, und es war zum Beispiel in der «Ha’aretz» zu lesen, dass die israelische Gesellschaft Paz iranisches Erdöl importieren wolle, welches in Israel raffiniert, zum Teil an die palästinensischen Behörden geliefert und auch auf dem israelischen Markt verkauft werde.
Im selben Artikel sagte der israelische Energieminister Benjamin Ben Elieser pragmatisch: «Jeder Kontaktversuch mit einem Feindesstaat, der den geschäftlichen und ökonomischen Interessen Israels dient, festigt die Stabilität in der Region.» Und aus dem israelischen Finanzministerium war zu vernehmen, es sei nicht Sache dieses Amtes, nachzuforschen, woher das Öl komme.
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