Rassismus und Brutalität sind weltweit unangenehm häufige Begleiterscheinungen bei Fussballspielen. Es ist aber nicht überraschend, dass in Israel, wo Exzesse zum Alltag gehören, letzte Woche in diesem Bereich eine Weltpremiere „gefeiert“ wurde. Anlässlich ihrer Cup-Siegesfeier am 26. Mai schlossen sich Spieler von Betar Jerusalem – darunter auch Nationalmannschaftsmitglieder – ihren Fans an und sangen vor laufender Kamera des TV Kanals 2 voller Inbrunst ein antiarabisches Lied.
Betar-Anhänger gelten in Israel, wo arabophobe Einstellungen auch im Gesetzbuch ihre Spuren hinterlassen, als die rassistischsten im ganzen Land. Zu ihrem reichen Gesangsrepertoire gehört ein Lied gegen den begabten Nationalmannschaftsspieler Salim Toama. Toama, ein angepasster Palästinenser mit israelischem Pass, der zurzeit seine Brötchen beim belgischen Standard Lüttich verdient, war zwar gar nicht anwesend beim israelischen Cupfinal vom letzen Dienstag, trotzdem sangen Betar-Fans und Spieler das folgende schauderhafte Lied:
Was macht Salim hier? Weisst Du‘s nicht?
Was läuft hier überhaupt, frage ich?
Von überall höre ich:
Toama, hier ist das Land Israels!
Hier ist das Land Israels, Toama!
Hier ist der Judenstaat!
Ich hasse Dich, Salim Toama!
Ich hasse alle Araber!
Zwei Ausführungen dieses abscheulichen Lieds kann man hier hören und sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=KUPQ2qagj7Y&feature=related (Ab :45 Min.)
http://www.youtube.com/watch?v=hyg2BdI04LM&feature=related
Um den Bericht von Channel 2 zu sehen, ist das Video im folgenden Beitrag anzuklicken (Hebräisch):
Dieser Zwischenfall löste heftige Reaktionen in Israel aus, jedoch keine im Ausland. Toama selber reagierte auf Anfrage von Journalisten gelassen und versuchte den Ball flach zu halten. Er vermutete nachsichtig, dass sein Natinonalmannschaftskollege, Amit Ben Sasson, der in den Berichten namentlich erwähnt wurde und im TV-Beitrag gut erkennbar ist, besoffen gewesen sei. Inzwischen hat sich Ben Sasson bei Toama entschuldigt und den Steilpass Toamas gern entgegegen genommen: Er sei tatsächlich betrunken gewesen, so Ben Sasson. In einem früheren Interview, als es vor einiger Zeit Spekulationen gab, Toama wechsle zu Betar Jerusalem, dementierte der Palästinenser diese Gerüchte. Er meinte, dass ein Transfer wegen der rassistischen Haltung der Fans nicht in Frage komme und er Anfeindungen lediglich auf dem Spielfeld zu kontern pflege. Der Sportreporter fragte Toama unter anderem: «Warum hast Du nicht eine steilere Kariere geschafft?» Als Toama verlegen nach einer Antwort rang, half ihm der Moderator auf die Sprünge: «Es ist doch offensichtlich: Weil Du Araber bist!» In Standard Lüttich wiederum spielt Toama gegenwärtig nicht, weil er Gerüchten zufolge ein Verhältnis mit der Frau des Trainers haben soll.
Gar nicht amüsiert zeigt sich der ehemalige Nationalmannschaftsfussballer, Rifa’at Turk. Als erster Palästinenser, der sich an die Spitze des israelischen Fussballs kicken konnte, musste er jahrelang rüde rassistische Attacken einstecken. Jetzt mag er nicht mehr schweigen. Gegenüber ynet sagte er: «Nicht jeder grosse Fussballer ist ein grosser Mensch. Wer solche Dinge sagt, muss ein ganz kleines Geschöpf, ein Rassist erster Güte und gänzlich ohne Sportgeist sein. Ich akzeptiere solche Zurufe von Fans auch nicht, aber Zuschauer sind nun mal Zuschauer, da ist nichts zu machen. Wenn jedoch ein Fussballer, der bei der Nationalmannschaft spielt, rassistische Sprüche gegen einen Mannschaftskollegen auf der grössten Bühne vor laufender Kamera und damit vor dem ganzen Land klopft, ist das die grösste Sauerei.»
Ein jüdischer Kommentator von ynet zeigte sich über Turk empört und unterstellte ihm eine Überreaktion. Nun, wahrscheinlich hätte es die gesamte Antisemitismus-Industrie („Anti Deafmation League“ & Co.) weltweit und über alle Medien ausgeschlachtet, wäre ein ähnliches Lied über David Beckham gesungen worden. Denn der weltbekannte Engländer hätte für die Nazis wegen seiner Vorfahren als jüdisch gegolten und hat deshalb heute Anspruch auf die israelische Staatsbürgerschaft.
Der „New Fund for Israel“, welcher ein Projekt gegen Gewalt und Rassismus auf den Fussballfeldern betreibt, teilte nach dem rassistischen Vorfall gegen Toama mit, dass er eine Strafanzeige bei der Polizei deponieren werde.
Der Weltfussballverband FIFA erklärte vor ein paar Jahren eine Kampagne gegen Rassismus in den Stadien. Es gilt nun abzuwarten, wie die FIFA auf diese israelische Affäre reagieren wird. Eine Sperre des betroffenen Vereins und von Fussballspielern an internationalen Auftritten wäre sicherlich angebracht, vor allem, weil es sich beim Fussbalclub Betar Jerusalem um einen so genannten Wiederholungstäter handelt.
S.a:UK politician: Ban racist Betar players
Yvonne Ridley: Kick racism off the pitch
http://www.tehrantimes.com/index_View.asp?code=195706