Sonntag / MittellandZeitung; 01.02.2009; Seite 20
Ausland
Das gute Geschäft mit dem Frieden
Schweiz finanziert fragwürdige Studie über Nahostkonflikt mit
Um das edle Ziel des Friedens im Nahen Osten ist eine regelrechte Industrie entstanden. Einer der Sponsoren: die Schweiz. Das Motto: Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint. Dies demonstriert die neue Studie «Cost of Conflict in the Middle East» mit Schweizer Unterstützung, welche die indische Denkfabrik Strategic Foresight Group (SFG) vergangene Woche veröffentlicht hat.
Der Bericht über die Kosten des Nahostkonflikts solle politischen Führern in der Region zu denken geben und der breiten Öffentlichkeit die Augen öffnen. Er will mit der Zahl von 12 000 000 000 000 US-Dollar schockieren, die seit 1991 bis heute – ohne den Gaza-Krieg – verloren gegangen seien.
Bei genauer Betrachtung der Glanzpapier-Publikation entpuppt sich diese als oberflächliche, mit Fehlern gespickte Powerpoint-Präsentation, die kaum ihr Ziel erreicht. Völlig ausgeklammert wird, dass es auch Profiteure des Konflikts gibt, deren Gewinne bei den Berechnungen auch hätten einbezogen werden müssen. Es ist offensichtlich, dass etwa Israel aus der Besetzung von palästinensischen Territorien profitiert und Motoren der israelischen Wirtschaft – die Militärindustrie und die Armeezulieferer – aus dem Kriegszustand enorme Erlöse erzielen.
Der Report berücksichtigt zudem nicht, dass schon heute Handelsbeziehungen zwischen Israel und islamischen Ländern existieren. Selbstverständlich wissen Menschen im Nahen Osten, dass sie nicht nur im humanitären-, sondern auch im wirtschaftlichen Sinn einen hohen Preis für den Konflikt bezahlen – sie brauchen dafür keine Studien. Die israelischen Entscheidungsträger beschlossen, sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückzuziehen, weil es als zu teuer erachtet wurde, die israelischen Siedlungen zu verteidigen.
Nach solchen Überlegungen sucht man in der Studie indes vergeblich. Peinlich ist, dass den Autoren nicht einmal der Wechselkurs von israelischem Shekel und US-Dollar bekannt ist. Eine Co-Autorin meint, dass die Abhandlung halt nicht für Experten gedacht sei.[Thomas Greminger, der Leiter der Abteilung ‚Menschliche Sicherheit' im EDA, der beim Projekt, mitwirkte.] Anders sieht dies EDA-Sprecher Andreas Stauffer. «Es werden Experten, Meinungsführer und Entscheidungsträger angesprochen, welche die Studie als Grundlage für eine Argumentation zugunsten einer Politik der Friedensförderung nutzen können», schreibt er. Immerhin: Die Schweiz hat die Studie mit 100 000 Euro mitfinanziert. Für mehr als kurze Agenturberichte hat sie jedoch in Israel bis jetzt nicht gesorgt. Diese Woche stellte eine israelische Untersuchung fest, dass sich die meisten Juden in Israel weder für grundlegende Fakten noch für Zahlen zum Konflikt interessieren. Shraga Elam
Sehr geehrter Herr Elam,
ReplyDeleteIhre Seite habe ich durch Zufall gefunden. Bei allem Respekt frage ich mich allerdings, was genau Sie sagen wollen. Wenn es um die Studie geht, werden Sie zugeben müssen, dass eine Berechnung über solchen Zeitraum, mit unendlichen Variablen und Akteuren nicht möglich ist, bzw. immer angreifbar sein wird. Da wir aber mittlerweile alle Werte mit der Geldskala abgleichen, ist der Versuch das auch hier zu machen eigentlich unvermeidlich. Umgekehrt haben wir feststellen müssen, dass es wirklich kaum einen unbeteiligten Menschen, und das können schon die in TelAviv sein, interessiert, wenn ein Soldat ein Kind erschießt, wenn Kindergärten und UN Einrichtungen bombardiert werden.
Bei allen Schwächen der Studie können Sie aber nicht leugnen, dass die Region erheblich wohlhabender wäre, wenn sie Konflikte vermeiden würde. Nur wäre dies der Durchschnittswert. Dazu brauch es in der Tat keine Studie, das ist einfach logisch.
So, was wollen Sie uns sagen? Dass Israel dominiert und profitiert?
Und dass das so gut ist?
PS Dass Israel Gaza verlassen hat, weil es so teuer ist, glauben Sie natürlich selber nicht. Sie werden doch einem Land, was in den letzten Jahrzehnten Billionen für seine Verteidigung ausgegeben hat nicht unterstellen, dass es sparen will.
Eher musste Platz für den Gaza-Krieg geschaffen werden. Und die Gasfelder vor Gaza werden ja nun auch von Israel betreut, mangels Partner in Gaza, mit dem man verhandeln könnte.
So schlage ich Ihnen vor, den Titel noch einmal zu überdenken, denn es ist vor allem "Das gute Geschäft mit dem Krieg/Konflikt".
Mit freundlichen Grüßen